Chris Burkard kommt aus Kalifornien. Er ist Fotograf, Autor und Regisseur. Foto: Chris Burkard

Chris Burkard im Interview: „Leben wir direkt am Rand, lernen wir am meisten über uns selbst“

Chris Burkard ist DER Surffotograf, den man gerne im Spot um sich haben möchte. Ich verfolge seine Arbeit seit gut 10 Jahren. Er machte unglaubliche Wasseraufnahmen, aber auch extreme und besondere Landschaftsbilder. Beim betrachten seiner Bilder, träumt man davon diese Orte zu besuchen. Es sind Bilder die das Reiseherz berühren. Ich war bei der Preview seines neuen Films „Under An Arctic Sky“ in Hamburg und habe ihn anschließend interviewt. Chris gibt uns einen Einblick in seine Geschichte, er erzählt wie alles begann (z.B. das er in einem Zeitschriftenladen arbeitete und danach in seinem Auto einige Jahre lebte), er verrät angehenden Wassersportfotografen seine persönliche Tipps, er spricht von seinen Ambitionen, seinem Film…  und er hat auch ein paar liebevolle Worte zu Hamburg dagelassen!


Hi Chris,

bei der Preview zu deinem neuen Film „Under An Arctic Sky“ war der Saal bis zum letzten Platz besetzt und die Menge ist ausgeflippt, als du den Raum betreten hast. Hamburg liebt deinen neuen Film. Was geht dir in solchen Momenten durch den Kopf?

Chris Burkard: Ich bin dann total „stoked“, weil ich endlich meine Geschichte und mein Projekt mit allen teilen kann, die ich seit Jahren plane!

In dem Film ist man dabei, wie der schlimmste Sturm in der Region, den es so seit 25 Jahren nicht gab über euch hinweg zieht. Ihr hingt in einer Hütte ganze drei Tage fest. Als der Sturm abzog, seid ihr noch mal die Küste entlang gefahren. Warum habt ihr nicht abgebrochen?

Chris Burkard: Es gab keinen Moment, in dem ich aufgeben hätte. Ich war so weit gekommen und es steckte so viel Planung in diesem Projekt. Ich wollte nicht mit leeren Händen nach Hause kommen.

Szene aus „Under an Arctic Sky“. Foto: Chris Burkard.

 

Du bist in letzter Zeit immer öfters in kälteren Orten unterwegs. Hast du genug von tropischen Temperaturen? Was reizt dich an der Arktis?

Chris Burkard: Ich habe nicht mit dem fotografieren angefangen, um von Menschen umgeben zu sein. Ich bin an der zentralen Küste von Kalifornien (Big Sur) und an abgelegenen Stränden aufgewachsen, wo die Einsamkeit dein bester Freund ist. Du lernst dort, wie du dich alleine sehr wohl fühlen kannst, denn man wandert hier fast nur alleine am Strand entlang. Es war diese Erfahrung, die mich der Natur nahe brachte, anstatt von Menschenmassen am Strand umgeben zu sein, die alle dasselbe suchten. Seit ich meine Karriere begonnen habe, wollte ich nur noch immer abgelegene Orte besuchen. Was zunächst nur eine lustige Erfahrung war, hat sich in eine totale Obsession verwandelt. Ich habe das für mich gefunden. Und vielleicht kann ich auch für andere sagen: Wenn wir zu weit in unserer Komfortzone leben, leben wir nicht wirklich. Leben wir direkt am Rand, lernen wir am meisten über uns selbst kennen.

Man merkt: Du liebst das Meer. Was verbindest du damit?

Chris Burkard: Ja, ich liebe das Meer und es ist eine Möglichkeit, Spaß mit Arbeit zu verbinden. Aber der Ozean lässt mich lebendig und erfrischt fühlen.

Chris Burkard reist an die ungewöhnlichsten Flecken unserer Erde. Auf der Suche nach dem nächsten, spannenden Motiv. Foto: Chris Burkard


Ich bin ebenfalls Fotografin. Ich liebe die unterschiedlichen Möglichkeiten, die die Fotografie einem bietet und die Möglichkeit, sich auszudrücken und frei zu sein. Warum bist du Fotograf und wie hat das bei dir angefangen?

Chris Burkard: Ich habe mit 19 Jahren angefangen, Fotos zu schießen, nachdem ich in der Schule mit Zeichnen und Kunst experimentiert hatte. Ich erkannte, dass es mir ermöglichte, Kunst in einem mobilen Zustand zu machen, zu erforschen, Abenteuer zu erleben und den Menschen die Schönheit in der Welt um mich herum zu zeigen. An diesem Punkt wurde mir klar, dass ich die Fotografie mochte, aber die Idee, sie in eine Karriere zu verwandeln, war überwältigend. Ich wusste, dass ich 100% geben musste, wenn ich es ohne formelle Ausbildung zu etwas schaffen will.

Harte Arbeit, Beharrlichkeit und Leidenschaft für das, was ich tue, haben mich sehr weit gebracht.

Ich kündigte meinen Job in einem Zeitschriftenladen und fing an, für irgendjemanden zu fotografieren. Dann wurde es ernster: Ich ging an Strände, um dort Surfer abzulichten. Diese Bilder versuchte ich auf DVDs zu verkaufen… Ich fotografierte auch Hochzeiten, Rentner und Interieurläden. Das war offensichtlich nicht mein Endziel, aber ich musste irgendwo ja anfangen.

Polarlichter über dem Surfer in eisigen Gewässern. Foto: Chris Burkard

Ich wollte mehr über Actionsport und Landschaftsfotografie erfahren, wovon ich einfach begeistert war! Somit begann ich mich für ein Praktikum zu bewerben. Ich hatte endlich die Gelegenheit, bei Michael Fatali, einem Landschaftsfotografen, der sehr großformatig arbeitet, zu studieren und ich bekam ein Praktikum im Transworld Surf Magazin, was eine unglaublich wertvolle Erfahrung war. Durch einfaches Versuchen und sich auch mal zu Irren brachte ich mir viel bei. Ich begann einen eigenen Stil zu entwickeln. Harte Arbeit, Beharrlichkeit und Leidenschaft für das, was ich tue, haben mich sehr weit gebracht.

Kurzer Schnack bei der Filmpreview von „Under an Arctic Sky“.

Für den ersten Teil meiner Karriere habe ich viel in meinem Auto geschlafen, es war ein steiler Weg. Ich würde sagen, es waren ungefähr 4 Jahre, bis ich wirklich angefangen habe, ein Einkommen zu machen. Während meines Transworld-Praktikums pendelte ich wöchentlich 5+ Stunden und lebte in meinem Auto.

Ich schaue gerne auf diese herausfordernden Zeiten zurück, weil es dich schätzen lässt, für das zu arbeiten, was du hast und etwas von dir in deine Karriere mit einfließt.

Was inspiriert dich?

Chris Burkard: Für diese Reise war es das „Was wäre wenn“. An abgelegenen Orten, an denen noch niemand gesurft ist, gab es das Potenzial für erstaunliche Wellen. Es sind all die Möglichkeiten, die mich inspiriert haben.

Was ist dein nächstes Projekt?

Chris Burkard: Es gibt viele, an denen ich gerade arbeite, aber ich werde bald nach Patagonien gehen.


Chris Burkards Top 4 Tipps für die Wasserfotografie:

  1. Kennt eure Ausrüstung wie eure eigene Westentasche. Wenn ihr nicht möchtet nicht, dass eure Ausrüstung euch im Wasser ablenkt.
  2. Um im Wasser effektiv zu sein, müsst ihr auch für das Schwimmen im Ozean trainieren. Es ist ein lustiger Ort, aber es kann auch sehr gefährlich sein. Sich in Form zu halten und sich im Meer wohl zu fühlen, ist für erfolgreiche Aufnahmen im Wasser unerlässlich. Der schwierigste Teil der Wasserfotografie ist zu lernen, wie man die Ports frei von Wassertropfen hält.
  3. Für weitere Informationen könnt ihr meine Online-Artikel oder den Part dafür in meinem Creative-Live-Kurs lesen (chrisburkard.com)
  4. Der wertvollste Ratschlag, den ich einem angehenden Fotografen geben würde, wäre, weiter zu fotografieren und viel zu fotografieren. Du verbesserst und entwickelst dich nicht, wenn du nicht fotografierst!


Hast du eine Lieblingskamera? Meine Kamera macht gerne schlapp, wenn es zu heiß oder zu kalt ist.

Chris Burkard: Ich habe mit der Sony RII gedreht. Seit kurzem ist es der Sony RIII, die gerade herauskam.

Hattest du die Zeit dir etwas von Hamburg anzusehen?

Chris Burkard: Leider durfte ich Hamburg nur für weniger als einen Tag erleben. Ich mag die Stadt wirklich. Es gab eine gute Essens- und Kaffeeszene und eine Hipster Atmosphäre.


Chris, danke für das Interview!

Szene aus „Under an Arctic Sky“. Foto: Chris Burkard.

Infos zum neuen Film „Under an Arctic Sky“: Chris Burkard war für den Film mit fünf Surfern und seinem Filmmemacher Ben Weiland in Island unterwegs. Sie überquerten wilde Wege, surften im Eiswasser- vorbei an schneebedeckten Gebirgsketten und wurden umrahmt von Polarlichtern. Aber es gibt auch dramatische Szenen: Das Team wurde von einem heftigen Sturm überrascht, wie es ihn seit 25 Jahren nicht gab. Trotzdem setzen sie die Expedition auf Land fort und erlebendie Brutalität desisländischen Winters. Chris schafft es mit diesem Film, die Betrachter in seinen Bann zu ziehen. Er ist so gedreht, als wäre man dabei. Dabei wenn das Team mit Surfbrettern durch den Schnee stapft, man spürt die Kälte und möchte am liebsten die Polarlichter mit nach Hause nehmen.

https://vimeo.com/238140135

Die Preview wurde von HHonolulu Events veranstaltet. HHonolulu Events steht seit 2005 für Surfevents aller Art und bietet deutschlandweit Wellenreitern eine Plattform. Sie verstehen sich dabei als eine Gemeinschaft von Surfern, die Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben und die positive Entwicklung des Surfsports in Deutschland begleiten.

Mehr von Chris Burkard gibt es auf seiner Website und auf Instagram.
Seinen neuen Film „Under an Arctic Sky“ gibt es hier als Download.

Chris Burkard in Hamburg bei der Preview seines neuesten Films. Foto: Alena Zielinski