Sieben Leute, ein Ziel: Die Bucht von Portofino von Camogli aus erreichen. Unterwegs im Wasser und an Land. Bepackt mit einem hydrodynamischen Rucksack, der gefüllt war mit einem Minimum an Gepäck, viel Kondition und einem starken Willen. Am Meer und in Höhlen übernachten. Abentuer erleben.
So wenig wie möglich einpacken ist bereits die erste Disziplin die es für Neue, wie mich zu meistern gilt. Beim Seatrekken soll man Ballast abwerfen, nur das Nötigste einpacken. Mein Essen für drei Tage sollte in eine Kulturtasche passen. Am Ende hatte ich sogar noch einiges über. Neue packen gerne zu viel ein… Unser Bett war unser Schlafsack. Kein Zelt, denn das nimmt zu viel Platz weg. Wir schliefen im Freien. Die Natur war unser Zuhause, das Meer unser Vorgarten.
Den 20 Kilo schweren Rucksack Tage lang an Land und im Wasser immer dabei zu haben machte mir schon Sorgen. Aber ich wollte Abenteuer. Und das bekam ich auch. In Camogli angekommen ging es auch sofort los. Wir reisten die nächsten Tage entlang der Küste hinauf und hinab, kletterten auf Berge, tauschten die Schuhe gegen unsere Flossen und schwammen durch das Meer. Jeden Tag Laufen, schwimmen, schnorcheln, Freediving. Vorbei an Urlauber, die sich mit ihrem Sonnenöl der Sonne hingaben und uns irritierte Blicke zuwarfen. Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass eine Gruppe aus dem Meer auftaucht, einen Rucksack hinter sich herzieht und so schwarz gekleidet die Küste entlang rauscht. Diese Urlauber kamen mir wie aus einer anderen Welt vor. Ich fand sie komisch, wie sie da so auf ihren akurat gefalteten Handtüchern saßen und nichts machten.
Ich gewöhnte mich schnell an die minimalistische Art zu reisen und an die Kilos im Rucksack. Es spornte mich sogar an. Mein Wille wurde mit jedem Kilometer und jedem Schmerz nur noch stärker. Die Beine und Arme brannten jeden Morgen, jeden Abend. Ein mörderischer Muskelkater, den ich gefeiert habe.
Der Mensch besitzt alle Fähigkeiten, um viele Kilometer im Wasser und an Land abzureißen und darum geht es hier. Man verzichtet auf Fortbewegungsmittel wie Boote, Autos oder Flugzeuge. Es ist eine unbeschreibliche Sport- und Outdoorerfahrung. Man ist fokussiert auf seinen Körper, seine Gedanken.
Beim Seatrekking bin ich ganz klar an meine Grenzen gestoßen
Nachdem ich einige Stunden geschwommen bin, habe ich immer wieder die Orientierung verloren. Man ist ja die meiste Zeit mit dem Kopf unter Wasser. Was sagte unser Guide Bernhard, Wache „Du musst einfach nur an der Küste entlang schwimmen, checke zwischendurch die Lage.“
Ist doch einfach, dachte ich mir. Einfach nur geradeaus.
Papperlapapp…
Im Wasser sieht man neben ein paar Meeresbewohnern nur die Weite des Meeres und immer nur dieses hypnotisierende Blau. Man hat keine Orientierungspunkte unter der Oberfläche. Ganz anders als in der Welt über dem Wasser. Dort gibt es Differenzierungen. Unsere Augen huschen immerzu hin und her und fokussieren die Umgebung. Im Wasser gibt es das nicht. Ich schaute immerzu geradeaus und schwamm, ohne es zu merken auf die Insel zu. „F*** ein riesen Umweg gemacht!“ Also wieder weg von der Insel und geradeaus schwimmen. Das Spiel wiederholte sich an dem Tag mehrfach. Ich musste dann alle paar Meter auftauchen, um die Lage zu checken.
Ich verlor die Orientierung. Das nach nur gut drei Stunden durchgängiges schwimmen.
Es folgten noch weitere drei. Drei! Aber hat man diese geschafft und sitzt in einer Bucht, in den Felsen oder auf einem Steg, hat sich ausgeruht und der Blick schweift über das Meer, ja dann könnte man doch gleich wieder weiter schwimmen…
Wer Seatrekking machen will, braucht eine gute körperliche Kondition
Man braucht sehr gute Schwimmkenntnisse, muss sich sicher im Freien und im Wasser fühlen, nicht zu schnell Angst bekommen und braucht starke Nerven. Denn versagen die Kräfte musst du weiter, sonst hast du ein Problem. Es gab kaum einen Aufstieg an Land. Der Nächste kann manchmal erst zwei Stunden später erfolgen. Man kann auch Strecken nehmen, wo man tagelang nur im Meer unterwegs ist, da hat man keine Felsen in Sicht, man sieht nur das Blau. Da hilft dir nur ein Kompass.
Seatrekking ist eine ozeanische Selbstaufgabe, die es zu meistern gibt
Man muss sich der Gefahr des Seatrekkings bewusst sein. Ich bin oft mit meinen Kräften an meine Grenzen gekommen und habe mich für kurze Pausen an meinen Rucksack geklammert. Jeden Tag bekam ich auch herrliche Wadenkrämpfe aufgrund der vielen, ungewohnten Bewegungen mit den Flossen. Aber das war wohl das kleinere Übel… Kommen wir zum „übleren“ Thema. Eine aus der Gruppe wurde beim Schwimmen schlimm seekrank. An dem Tag sind große Wellen dauernd heran gerollt und haben uns ganz schön hin und her geschunkelt. Einige Stunden in den Wellen können das Gleichgewichtsorgan stark beanspruchen, es wird alarmiert, der Körper produziert Botenstoffe, die einen sehr leiden lassen können. Diejenien wünschen sich nichts sehnlicher als festen Boden unter den Füßen. Aber: Das geht beim Seatrekking nicht immer so schnell. Du musst weiter und das vielleicht auch noch einige Stunden. Natürlich hat jeder auch mal eine Pause eingelegt. Liegt man dann nachts in seinem Schlafsack, wird mancher von den Sinnen „verschaukelt“, denn man spürt noch das Schunkeln der Wellen nach so einer langen Tour im Wasser.
Am letzten Tag erlebte ich, wie eine Frau beim Klettern einen Berg 11 Meter hinabstürzte. Sie fiel direkt vor meinen Augen zwischen den Felsspalten in einen zwei Meter kleinen Wasserbereich, in dem sich weitere Felsen unter der Wasseroberfläche befanden. Sie überlebte. Sie hatte nur ein ausgekugelten Daumen und diverse Schnittwunden. Zum Glück paddelte in dem Moment ein Kajakfahrer vorbei und rief ein Rettungsboot, welches nach 10 Minuten kam. Glück im Unglück. Wir hatten alle ja keinen Handyempfang und der Weg an Land ging nur einen Berg mit 800 Meter Höhenunterschied hinauf. Mir wurde mal wieder klar, wie schnell es doch vorbei sein kann.
Gut eine Stunde später sind wir einen Berg hochgeklettert. Natürlich hatte ich Muffensausen nach diesem Erlebnis. Das Ziel war der Hafen von Portofino. Ich hielt mich an den Ketten fest, die im Gebirge befestigt waren, und vertraute ihnen mein Leben an. Der Weg war teilweise halb so tief wie meine Füße und steil. Das ganze dann mit 20 Kilo Gepäck auf dem Rücken war ein wahrer Kick für mein Adrenalin. Nach 30 Minuten wurden die Wege angenehme drei Zentimeter breiter und ich sicherer. Den Ausblick konnte ich leider dennoch nicht genießen. Ich habe dort wohl unerwartet Höhenangst entwickelt. Aber die Bäume in den Felsen, an denen ich mich vorbei hangelte, sahen wunderschön aus. Das es davon keine Fotos gibt sei mir verziehen.
Nach ein paar Stunden erreichten wir dann mit stolz geschwellter Brust Portofino. Wir setzten uns in ein Café am Hafen, der Tourihotspot. Unsere Rucksäcke nahmen zwischen Fischernetzen Platz. Wir blickten auf die schunkelnden Boote, tranken ein Bier (wenn es nicht unglaubliche 15 Euro gekostet hätte, wären es auch mehrere geworden). Dort wurde ich wehmütig, dass die Reise nun bald vorbei ist. Die Tour war tief greifend, hat mir gezeigt, dass ich vieles Schaffen kann, wenn ich nur will und es keine Grenzen gibt. Wir waren nur drei Tage unterwegs, aber ich hatte das Gefühl eine Woche schon hinter mir zu haben. Am Abend ging es schweren Herzens zurück nach Hause.
Ich habe so viel erlebt und gespürt. Im Freien geschlafen, so ganz ohne Zelt, den Sternenhimmel nachts beobachtet und mich gefreut, dass die Gewitterwolken an uns vorbeigezogen sind. Morgens um 4 Uhr vom Wellenrauschen aufgewacht und mich dann ans Meer gesetzt, während die anderen, warum auch immer, tief und fest schliefen. Mit Nik Pranayama am Morgen gemacht. Kaffee aus einem Topf getrunken und mit dem Deckel ein Brot geschmiert. Nachts vom kalten Luftzug aufgewacht, mich in meinen Schlafsack gekuschelt und gedacht, es ist das Beste Bett der Welt. Die Krone eines Baumes als ein schützendes Dach angesehen und sich wie Zuhause fühlen. Nach einer Stundenlangen Strecke in ein trocken Brot mit trocken Käse beißen und es in dem Moment als das Beste Essen der Welt zu schmecken. Sich Höhlen als Unterschlupf suchen und sich wie die größten Eroberer der Welt fühlen. Von einem Octopus im Wasser mit ungläubigen Blick beobachtet zu werden. Orte entdecken, an die man sonst nur schwer hinkommt. Sich wie ein Teil dieser Welt zu fühlen.
Das ist es.
Ich bin ein Anfänger in dieser Sportart, daher gibt es von mir nur einen groben Einblick in die Packliste, die ich aber genauso wieder packen würde. Danke Bernhard für deine Hilfe!
Wichtig ist es minimalistisch und leicht zu packen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren:
- Wasserdichter ÁETEM-Rucksack. Der Rucksack kann aufgeblasen werden, um den Innendruck zu erhalten und auf dem Wasser zu schwimmen. Er wird an einer Leash hinter dir hergezogen. An dem Rucksack befestigst du eine Flagge, damit dich Wasserfahrzeuge sehen. An Land wird er klassisch auf dem Rücken getragen.
- Schwimmflossen, Schnorchel, Schwimmmaske.
- Neoprenanzug (Dicke je nach Wassertemperatur). Wir hatten in Italien eine Wassertemeperatur von 25 Grad, dennoch entschied ich mich für einen 5mm Anzug mkt Haube und das war eine weise Entscheidung, denn weiter draußen und in der Tiefe des Meeres kühlt es natürlich ab.
- Schwimmsachen.
- Je nach Wetter: Leichte und warme Kleidung.
- Regenjacke, Überwurf für den Schlafplatz falls es regnet.
- Festes Schuhwerk mit Profil.
- Schlafsack.
- Campingequipment wie Gaskocher, Geschirr, Messer…
- Essen
- Pro Tage mind. drei bis vier Liter Wasser.
- Eine Trinkflasche die man am Rucksack befestigen kann.
- Stirnlampe.
- Mückenspray.
- Mülltüte, um die Orte sauber zu hinterlassen und die Natur zu schützen.
Hier gibt es Infos zu weiteren Seatrekkingtouren: aetem.de